Am 27. November 2024 ist unser Freund und langjähriges Parteimitglied, Joachim Schweers, verstorben. Wir sind sehr traurig einen so engagierten, kreativen, streitbaren und inspirierenden Menschen verloren zu haben.  

Joachim wollte nicht seine Person im Mittelpunkt sehen, sondern seine Anliegen und Projekte. Wir sind uns bewusst, dass er keinen Nachruf wollte. Trotzdem haben wir uns dazu entschlossen ihn und sein Lebenswerk zu würdigen, weil es so außergewöhnlich und so vorbildlich war. Er hat uns und andere motiviert sich ehrenamtlich zu engagieren. Joachim hat bewiesen, dass positive Veränderungen möglich sind, und gezeigt, dass wir mit unserem persönlichem Einsatz Multiplikatoren sein können, die unsere Gesellschaft besser machen können. 

2022: Ehrenpreis für Joachims Lebenswerk

Das hat auch die Jury des Achimer Ehrenpreises so gesehen, als sie ihn 2022 mit dem Achimer Ehrenpreis für sein Lebenswerk auszeichnete. 

Joachim trat 1986 bei den Achimer Grünen ein und war schnell Mitglied im Vorstand, dort blieb er bis zum Anfang der 2000 Jahre. In dieser Zeit setzte er sich intensiv für den Umweltschutz, die Abrüstung, gegen die Volkszählung, gegen den Irakkrieg und gegen die Kernkraftnutzung ein. Er organisierte Ostermärsche gegen die geplante Panzertrasse in Bollen und beteiligte sich bei der Bürgerinitiative gegen die Tiefflüge über Achim. 
Ab 1986 kandidierte Joachim immer wieder für den Stadtrat, in den er erstmals 2004 als Nachrücker für Harald Hesse einzog und den er im September 2016 endgültig verließ.

Grüne Kandidaten der Kommunalwahl 2001

Die Zeit des Nationalsozialismus und das Wiedererstarken rechtsradikaler Kräfte haben Joachim immer beschäftigt. Ein Vergessen, ein Jetzt-Ist-Mal-Gut durfte es aus seiner Sicht nicht geben. Deshalb gründete er mit dem mittlerweile verstorbenen Norbert Vogt, Hans-Ludwig Schröder und anderen Anfang der 2000 die Achimer Friedensinitiative „Achimer Appell“ mit dem Motto „Nie wieder Krieg!“.  Diese Initiative setzte sich unter anderem dafür ein, Stolpersteine vor den Gebäuden in Achim setzen zu lassen, in denen einst Juden gelebt haben. Als Mitglied der Grünen Stadtratsfraktion stellte er 2004 den notwendigen Antrag im Rat. Das war ein Vorstoß, der zu dieser Zeit nicht unumstritten war. Nach hitzigen Diskussionen und Vertagungen in den Ratsgremien, kam es schließlich doch zu einer positiven Entscheidung. Bis zur ersten Stolpersteinverlegung allerdings dauerte es noch geraume Zeit. Erst am 25.Oktober 2005 wurden vor der Achimer Ratsapotheke die Gedenksteine für Jenny und Albert Seligmann verlegt. Heute erinnern in Achim 30 Stolpersteine an die Opfer des Nationalsozialismus. 

Bei der Stadtratswahl 2006 wurde Joachim, gemeinsam mit dem im Mai 2011 viel zu früh verstorbenen Helmut Herrmann, Silke Thomas und Michael Schröter erneut in den Stadtrat gewählt. Er arbeitete dort sehr engagiert für seine Herzens-Projekte und die Fraktion. 

Als beim Umbau des KASCH 2004 die finanziellen Mittel erschöpft waren, ersannen Joachim Schweers und andere die Idee, mit Eigenleistungen in die Bresche zu springen. Und Joachim war wohl der engagierteste Umbauarbeiter. Über ein Jahr lang hat er praktisch täglich unentgeltlich im KASCH gearbeitet. Die Deckenkonstruktion im blauen Saal hat er fast im Alleingang gebaut. Als gelernter Starkstromelektriker hat er auch den ganz überwiegenden Teil der Elektrik, in Absprache mit dem beauftragten Elektrounternehmen, erstellt. Als im Weyher Theater eine Leinwand abzugeben war, besorgte Silke Thomas einen 8 m langen Schlauchwagen. Peter Bartram, Silke Thomas und Joachim Schweers fuhren in Joachims Auto nach Weyhe und brachten die riesige Leinwand ins KASCH. Dort hängt sie im blauen Saal. 

Baubesprechung im Kulturhaus Alter Schützenhof (von links): Joachim Schweers, Peter Bartram es und Silke Thomas. Foto: Uwe Dammann

Der Einsatz für bedürftige Menschen war für Joachim stets eine dieser Herzensangelegenheiten. Als am 17. Juli 2007 den Trägerverein der Achimer Tafel gegründet wurde, war Joachim als Beisitzer im Vorstand mit dabei.

Vorstand Achimer Tafel oben von links: Jürgen Sonnenberg, Joachim Schweers, Christoph Maaß, Wiltrud Ysker, Martina Meyer unten von links: Rainer Kunze, Ute Barth-Hajen, Karl-Heinz Wacker, Rainer von Kiedrowsky Foto: Tafel

 Als sich Anfang September 2007 der Standort Unterstraße 9 abzeichnete, begann Joachim eine Gruppe von freiwilligen Helfern zu rekrutieren, und die Umbauarbeiten des alten Bauernhauses zu koordinieren, um mit möglichst viel Eigenleistungen die Umbaukosten niedrig zu halten. Dabei kamen ihm sicherlich die Erfahrungen zugute, die er 2004 im KASCH sammeln konnte. 

Ute Barth-Hajen, langjährige stellvertretende Vorsitzende des Fördervereins, erinnert sich: „Joachim stand uneingeschränkt hinter der Idee, Lebensmittel an finanziell schlechter gestellte Menschen umzuverteilen. Sein Schwerpunkt beim Aufbau der Tafel lag in der Organisation der Baumaßnahmen und später auch des Fahrerteams. Bis heute habe ich das Bild vor Augen, wie Joachim in der Scheune des Hauses in der Unterstraße den langen, einbetonierten Futtertrog, mehr oder weniger im Alleingang heraus gehämmert hat. „Auf der Lok stand ich auch allein!“, war ein gern genutzter Kommentar. Joachim hat sich auch um die Organisation der Abfuhr des Biomülls der Tafel gekümmert, Kontakte zu den Biogasanlagen im Nahbereich geknüpft und so seine Ideen von Nachhaltigkeit und Ökologie in die Tafelarbeit miteingebunden.  
In Punkten, zu denen wir unterschiedlicher Meinung waren, haben wir heftig diskutiert und manchmal nächtelang Mails hin und her geschrieben. Nicht immer konnten wir Einigung erzielen, aber immer herrschte ein respektvoller Umgang miteinander. Schließlich ging es um die Sache. Nie ging es Joachim darum, sich selbst zu präsentieren oder um Effekthascherei – er wollte einfach, dass die Tafel funktioniert.“  

Heute versorgt die Tafel mit ca. 170 ehrenamtlich Mitarbeitenden an drei Standorten monatlich etwa 4000 Menschen, darunter viele Kinder. Der Einzugsbereich der Tafel Achim e.V. umfasst inzwischen Achim, Oyten-Bassen und Thedinghausen! 

Joachim Schweers bei Umbauarbeiten in der Unterstraße Foto: privat

Im September 2008 setzte Joachim seine Prioritäten neu und verließ auf eigenen Wunsch die Grüne Fraktion. Er blieb aber weiter aktives Mitglied der Grünen. 

Eine weitere Herzensangelegenheit von Joachim war der Naturschutz. 

Von 2011 bis 2020 leitete Joachim Schweers die Achimer NABU-Gruppe und vertrat diese auch im Vorstand des NABU-Kreisverbandes. Schon im Rat setzte er sich bei den Konversionsplanungen für das Öllager, vehement für einen möglichst umfangreichen Erhalt der Naturflächen ein. Nun wirkte er insbesondere beim Planen und bei der Anlage des Naturerlebnispfades im Achimer Stadtwald mit und übernahm die anschließende Unterhaltung und Pflege. Gerne hätte er auch einen Mehrgenerationenplatz im Stadtwald geschaffen, der konnte aber aus finanziellen Gründen nicht mehr umgesetzt werden. Aktuell geht die Stadt Achim dieses Projekt wieder an. Die grüne Stadtratsfraktion wird dieses Projekt in Joachims Sinn begleiten. 

Der Naturerlebnispfad im Achimer Stadtwald nimmt konkrete Formen an. Jürgen Schröter (links) von der Allianz-Versicherung überreichte eine Spende über 2000 Euro an die NABU-Vertreter (von rechts) Bernd Witthuhn, Jürgen Muthke und Joachim Schweers. FOTO: NABU

Joachims Motto war nicht schnacken anpacken. Das konnte er auch bei seiner Arbeit im Nabu unter Beweis stellen. Die Renaturierung des Badener Moores durch den NABU hat Joachim Schweers mit initiiert. Im Vorfeld musste er zahlreiche Gespräche mit Grundstückseigentümern und Landwirten führen. Nach Abschluss der Arbeiten, an denen er selbstverständlich tatkräftig mitwirkte, übernahm Joachim Schweers die regelmäßigen Messungen der Pegelstände. Er organisierte viele weitere regelmäßige Arbeitseinsätze zur Pflege der Natur in Achim, so auf der Streuobstwiese in der Achimer Marsch, beim Harken am Badener Hang, bei der Umgestaltung des Trafoturms in Borstel und bei der jährlichen Zählung der Saatkrähennester. Bei vielen Bauvorhaben wie z.B. der Ansiedlung von Amazon verfasste er Einwendungen im Namen des Naturschutzverbandes.  

Mitglieder des NABU im wiedervernässten Badener Moor

2018 wurde Joachim Schweers für seine Verdienste mit der bronzenen Ehrennadel des NABU ausgezeichnet. 

Am 2. Mai 2013 rückte Joachim Schweers für den aus persönlichen Gründen ausgeschiedenen Michael Schröter in den Rat nach. In seiner Abschiedsrede an den Stadtrat sagte Michael über seinen Nachfolger, dass der für ihn schon immer das „grüne Gewissen“ schlechthin gewesen sei, der Rat könne also zufrieden sein, dass diese Position nun wieder besetzt sei. Bekannt war Joachim Schweers dem Rat nicht nur, weil er früher schon Ratsmitglied gewesen war, sondern auch, weil er als NABU-Sprecher im Ausschuss für Wirtschaft, Stadtentwicklung, Umwelt und Verkehr als beratendes Mitglied saß. 

Ende September 2016 schied Joachim Schweers, mit dem Ende der Ratsperiode, endgültig aus dem Achimer Stadtrat aus. 

Foto: Focke Strangmann, Achimer Kurier

Drei Jahre und 10 Beratungsvorlagen vergingen, ehe der Stadtrat am 16. Juni 2016 einem Antrag folgte, den Joachim Schweers und Petra Geißler (SPD) gemeinsam gestellt hatten. Darin wurde gefordert, den Stadtwald (ehemaliges Öllager) als Naturwald zu erhalten und nicht, wie von der Stadtverwaltung und der damals beauftragten Landwirtschaftskammer angestrebt, forstwirtschaftlich zu bearbeiten. Zudem sicherte sich der Rat mit diesem Beschluss das letzte Wort über notwendige Baumpflegearbeiten im Achimer Stadtwald. 
Ein großartiger Erfolg, von dem Erholungssuchende und die Natur bis heute gleichermaßen profitieren. 

Von Beginn an hat Joachim das Projekt sehr kritisch begleitet.  Am 15. Mai 2015 beschloss der Stadtrat bei einer öffentlichen Sitzung, für vorbereitende Untersuchungen des Gewerbegebiets Achim-West weitere Mittel freizugeben. 270.000 Euro stellt der Rat zur Verfügung, um die Entscheidungsfindung vorzubereiten. Gegen den Antrag sprachen sich die Ratsherren Joachim Schweers und Axel Eggers von den Grünen aus. Sie fürchten zu hohe Kosten für das Gesamtprojekt und wollten keine weiteren Gelder in dessen Planung investieren. Der Antrag wurde mit drei Gegenstimmen und keinen Enthaltungen mehrheitlich bewilligt. Joachim und Axel stimmten auch gegen die Mehrheit der grünen Fraktion.

Achimer Kurier 3.4.2008

 Wie wir heute wissen, haben sich die Bedenken der beiden bestätigt. Achim West droht zu einer Never Ending Story und einem Fass ohne Boden zu werden. Deshalb steht im Wahlprogramm der Achimer Grünen 2021 unter Anderem: „Zur Haushaltswahrheit gehört es unserer Meinung nach auch, dass das Großprojekt Achim-West den Haushalt über Jahre nicht unerheblich belasten würde. Ebenso, dass die erwarteten Gewerbesteuereinnahmen zumindest bis 2040 dafür verwendet werden müssten, um die durch die Projektpartner zusätzlich zu finanzierenden Kosten in Höhe von circa 54 Millionen € zu finanzieren (Stand Juni 2021). Die erwartete positive Auswirkung auf den Achimer Haushalt würde daher weit in der Zukunft liegen. Zudem bestehen erhebliche Kostensteigerungsrisiken, die Mehreinnahmen für die Stadt noch unwahrscheinlicher machen. Damit ist Achim-West unter anderem aus finanziellen Gründen nicht verantwortbar.“ 

Immer wenn Joachim Schweers die Möglichkeit sah, in Not geratenen Menschen zu helfen, dann versuchte er das und meistens gelang es ihm. Hier drei Beispiele: 

Im August 2002 gab es schwere Überflutungen in Ostdeutschland, die als Oderflut in die Geschichte eingingen. Joachim organisiert einen Hilfstransport nach Seydewitz bei Torgau. Er füllte einen 40 Fuß Container mit gespendeten Möbeln. Die Spedition Hoppe brachte die Spenden kostenlos vor Ort, wo Joachim sie verteilte. 

Ortsbürgermeister Alf Köppe aus Seydewitz (links) bedankte sich bei Joachim Schweers für die spontane Hilfsaktion, die der Achimer in aller Kürze für die Hochwasseropfer seines Ortes or ganisiert hatte. Fotos: Torgauer Zeitung

Ab 2004 reiste Joachim 3-mal für 4 Wochen nach Weißrussland, um dort zu helfen. Nach der Reaktorkatastrophe in Tschernobyl, im Jahr 1986, waren tausende Menschen obdachlos geworden und mussten umgesiedelt werden. Der Achimer Kurier berichtete: 
Statt eines erholsamen Urlaubs, drei Wochen lang spartanisches Leben und harte Arbeit, so hat Joachim Schweers die Sommerferien in Weißrussland verbracht. Der grüne Ratsherr hat in der Stadt Lepel beim Bau von Lehmhäusern geholfen. Dort ziehen Familien aus dem Süden des Landes ein, der seit der Reaktor-Katastrophe von Tschernobyl radioaktiv verseucht ist. Häuser aus vor Ort vorhandenen Materialien für Menschen aus den verstrahlten Gebieten zu bauen, ist seit über zehn Jahren Ziel des gemeinnützigen Vereins Heimstatt Tschernobyl. Dabei lässt der Verein von einer Baubrigade und freiwilligen Helfern ökologische Lehmhäuser errichten. Auch die ausgewählten weißrussischen Familien packen beim Bau mit an. 

Beim Bau von Lehmhäusern wie diesem hat Joachim Schweers im weißrussischen Lepel drei Wochen lang mitgeholfen. In die Häuser ziehen Familien aus Gebieten ein, die nach der Tschernobyl-Kastastrophe radioaktiv verseucht sind. Foto: Joachim Schweers

2015 – Flüchtlingshilfe  

Als die vielen Flüchtlinge 2015 nach Deutschland und auch nach Achim kamen, nutze Joachim seine Kontakte zur evangelischen Kirche, um bei der Flüchtlingshilfe zu helfen. Mit unermüdlichem Einsatz löste er viele praktische Probleme. 

Im Willkommenscafé im Gemeindezentrum Nord, war Joachim, jeden Mittwoch von 15:00 – 17:00 Uhr Ansprechpartner. 

Danksagung 

Für die Erstellung dieses Nachrufs konnte ich Texte von Lisa Beulshausen (NABU), Ute Barth-Hajen und Silke Thomas (Grüne), Ecki Feige,  Hans-Ludwig Schröder, Sibylle Boysen und Axel Ravens(Freunde),  Artikel und Bilder des Achimer Kuriers und natürlich meine eigenen Erinnerungen an Joachim nutzen.  

Unser herzliches Beileid, aber auch unser großer Dank gilt Joachims Frau Christa, die Joachim für seine Projekte immer den Rücken freihielt und viele Aktionen auch gemeinsam mit Joachim durchgeführt hat. Wir wünschen Christa Kraft und Mut für die vor ihr liegende Zeit. 

Unser größter Dank aber geht an Joachim Schweers, der diese Dinge tatsächlich alle getan hat. Und darüber hinaus noch viel mehr. 

Joachim wollte keine Anzeigen und keine große Trauerfeier. 
Er war der Meinung, dass das Geld besser an terre des hommes gehen sollte. 

„Kinderhilfswerk terre des hommes“, IBAN DE66 26550105 0000 2266 62 mit Stichwort „Trauerfall Joachim Schweers“

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